Das bezahlbarer Wohnraum ein brandaktuelles Thema ist, verdeutlichte am Montagabend der prall gefüllte Ratssaal im Garbsener Rathaus. So haben sich um die 65 Leute eingefunden um die von der SPD-Fraktion Garbsen initiierte Diskussionsrunde zum Thema bezahlbarer Wohnraum zu verfolgen.

Das Panel bestand hierbei aus dem Landtagsabgeordneten Rüdiger Kauroff, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion Garbsen Karsten Vogel, dem niedersächsischen Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Olaf Lies, dem Garbsener Bürgermeister Dr. Christian Grahl, dem Geschäftsführer der KSG Hannover Karl Heinz Range sowie dem Kaufmännischem Leiter der lokalen Hahne Holding Johannes Baur.

Privatisierung im Wohnungsbau, Renditeerwartungen, hohe Standards bei neuen Wohneinheiten und Migration (Stadt – Land und Ost –West). Die Faktoren für die Verteuerung von Wohnraum sind vielfältig und hinlänglich bekannt. Ferner variieren die Bau- und Wohnkosten je nach Standort stark. Besonders betroffen sind urbane Ballungsräume sowie die umliegenden Randgebiete, zu denen eben Hannover respektive Garbsen zählen. Leittragende der Entwicklung sind immer mehr Menschen verschiedenster sozialer Milieus, bei denen sich die Finanzierung von Wohnraum schwierig gestaltet.

Schwierigkeit bei der Realisierung von neuen Bauvorhaben bereitet auch die hohe Auslastung bei den Kommunen sowie die hohe Auslastung bei den Planungsbüros. Von der Erschließung über die Planung und Vergabe bis zum eigentlichen Bauvorhaben verstreicht beim Wohnungsbau ein großer Zeithorizont. Diese Zeitproblematik verdeutlichen auch die aktuellen Zahlen. So sollen landesweit in Niedersachsen bis einschließlich des Jahres 2030 40.000 neue Wohneinheiten pro Jahr entstehen. Aktuell bewegt sich die Umsetzung jedoch noch im Bereich von ca. 4000 neuen Wohneinheiten pro Jahr.

In Garbsen arbeitet die Kommune für die Jahre bis 2020 an Bebauungsplänen für rund 1.000 Wohneinheiten. Hiervon sollen kurzfristig für ca. 500-600 Wohneinheiten Baugenehmigungen erteilt werden. Davon wiederum entfallen ca. 150 Wohneinheiten auf den Bereich sozialen/bezahlbaren Wohnraum.

Bezahlbarer Wohnraum 3
Dr. Christian Grahl, Olaf Lies, Karsten Vogel, Rüdiger Kauroff, Karl Heinz Range, Johannes Baur

Nun stellte sich der Diskussionsrunde die Frage: Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um diesen Entwicklungen entgegenzutreten und bezahlbaren Wohnraum sicherzustellen? Und wie kann die Kommune agieren? Das Panel präsentierte mehrere Instrumente, um den aktuellen Entwicklungen entgegenzusteuern. Diskutiert wurden u.a. die mittelbare Belegung, das Belegrecht, die Mietpreisbremse sowie das Zweckentfremdungsverbot. Das Weitern wurden Fragen aus dem Publikum gesammelt um auf diese in Antwortrunden einzugehen.

Bei der mittelbaren Belegung geht es darum, dass vom Land geförderter und mit Belegungs- und Mietpreisbindungen versehener neuer Wohnraum mit bereits bestehenden Wohnungen mit gleichem Wohnwert getauscht werden können. „Für viele Städte ist die mittelbare Belegung ein unverzichtbarer Hebel zur Erleichterung von sozialem Wohnungsbau und zugleich zur Vermeidung von sozialen Brennpunkten. Durch die Vermischung von verschiedenen Mieterklientel wird hierbei eine heterogene soziale Struktur geschaffen“, erklärt Bauminister Olaf Lies. Belegrecht bedeutet so viel wie der Aufkauf von privatem Wohneigentum durch die öffentliche Hand. Somit könne ein wenig dem Trend der renditegesteuerten Privatisierung entgegengewirkt werden.

Das Zweckentfremdungsverbot bezieht sich vor allem auf die gewinnbringende Zwischen-/ und Weitervermietung von Wohnraum an Dritte. Dies müsse klar reglementiert werden, damit bestehender Wohnraum nicht vom Markt gerät und dementsprechend zweckentfremdet wird. „Außerdem müsse überdacht werden, ob bei der Modernisierung oder beim Neubau immer die höchsten Auflagen, Normen und Standards angewendet werden müssen. Aktuell treibe dieses Verständnis die Kosten zusätzlich in die Höhe“, regt der Geschäftsführer der KSG Hannover, Karl-Heinz Range, an. „Die KSG will in der nahen Zukunft von 8.000 auf 10.000 Wohnungen und somit um ca. 25 % wachsen“, so Range weiter. Auch im Bereich bezahlbarem/sozialem Wohnraum wolle die KSG weiter als Partner mit der Kommune zusammen agieren.

Abseits dieser Instrumente müsse vor allem die Rolle der öffentlichen Hand neu gedacht werden. In diesem Zusammenhang könnte Wohnen wieder stärker als Daseinsvorsorge und soziale Verantwortung der öffentlichen Hand definiert werden. Aktuell stehen in Garbsen ca. 90 Hektar Fläche zur Verfügung, auf welcher Wohnungsbau generell realisierbar wäre. In der Kommunalen Verantwortung liegt es hierbei möglichst proaktiv Bauland aufzukaufen, um über dieses verfügen zu können.

Aufgekauftes Bauland sollte nicht ausschließlich an den Höchstbietenden verkauft werden. Vielmehr müssten Projekte mit der Berücksichtigung von sozialem Wohnungsbau berücksichtigt werden. Des Weiteren könne die Kommune einen Richtwert vorgeben. Somit ließe sich regulieren, dass etwa bei neuen Wohneinheiten um die 20 % oder mehr in den Bereich des bezahlbaren/sozialen Wohnraumes fallen. Aktuell ist die Kommune dabei, in Berenbostel-Ost neuen Wohnraum zu schaffen. „Baubeginn ist Ende 2019, Anfang 2020“ verkündet Bürgermeister Dr. Christian Grahl in der Diskussion.

Die Teilnehmer und Zuhörer zeigten sich zufrieden mit der Diskussionsrunde. „Der offene und konstruktive Austausch mit verschiedenen Akteuren und deren unterschiedlichen Perspektiven ist der Grundstein, um die Herausforderungen beim Wohnungsbau gemeinsam zu lösen“, so der Landtagsabgeordnete Rüdiger Kauroff. „Trotzdem müssen wir schneller sein, sichtbar signalisieren können, dass hier etwas passiert“, so Kauroff weiter.